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2024

Begegnungscafé

Ein Projekt der KulturScouts

Begegnungscafé

Für ukrainische und russische Jugendliche

Angesichts des Krieges in der Ukraine kommen immer mehr geflüchtete ukrainische Jugendliche nach Minden. Das BÜZ als ein Zentrum für Integration und kulturelle Bildung versteht sich als Anker, um Ankommen, Fuß fassen und nach vorne schauen aktiv zu begleiten. Aktive Begleitung bedeutet auch die Stadt Minden näher kennenzulernen.

Was eignet sich dabei besser als den Erlebnisstadtplan für Jugendliche anzuwenden, der von Kultur-Scouts entworfen worden war, die auch dieses Projekt selbständig leiten.


Der Abschluss - Wir entdecken die Fischerstadt

03.07.2024

Ein letztes Mal fand das Begegnungscafé mit den Geflüchteten aus der Ukraine und Russland statt. Es teilte sich auf: Der erste Teil erfolgte im BÜZ. Peter Küstermann verwies auf die zurückgelegten Stationen im Rahmen der Geschichtsaufarbeitung, mit dem Besuch der KZ-Außenstelle in Porta Westfalica oder der Auseinandersetzung mit einem Zeitzeugen, ferner mit dem Kennenlernen der Mindener Synagoge, des Domschatzes oder dem Besuch einer Moschee.

Für diesen Mittwoch war Jürgen Niemann aus der Fischerstadt eingeladen, welcher zusammen mit einem Kollegen in alter Fischermannstracht im BÜZ erschienen war: Meister Jorgen und der Schallermann. Der Schallermann erfreute das Publikum mit Musik und Gesang, während Meister Jorgen Informationen zur Historie der Fischerstadt und der allgemeinen Stadtgeschichte Mindens preisgab. Er erläuterte im Speziellen die alte Stadtmauer, den Abriss und die Bedeutung des Glacis. Darüber hinaus wurden Fotos präsentiert:

  • Ein alter Stadtplan mit der Stadtmauer
  • Badende in der Weser um 1920
  • Der Mindener Bahnhof als Knotenpunkt der Cöln-Mindener Eisenbahnstrecke (1847 eröffnet)
  • Handel auf der Schlagde
  • Die legendäre Gaststätte von Käpt`n Eta
  • Das Mindener Kino Stella
  • Das Mahnmal in Todtenhausen (7-jähriger Krieg -> Schlacht bei Minden)
  • Fotos vom Hochwasser der Weser (speziell von 1946)

Anschließend erfolgte ein Rundgang durch die Fischerstadt mit weiteren Informationen. Eingekehrt wurde im Haus von Meister Jorgen. Hier gab es Getränke sowie bereitgestellte Schmalzbrote und Gewürzgurken. Einige der historischen Figuren begegneten uns in Form von einer Fischersfrau und einer Magd. Der Schallermann versorgte die Geflüchteten mit Gesang und Musik, bei der man sogar mitsingen konnte. Es war ein schöner Nachmittag und ein gelungener Abschied. Der Dialog und die Wissensbegierde waren dabei äußerst intensiv.

Volker Papke-Oldenburg


Ein Zeitzeuge berichtet

Zu Gast bei Robert Kauffeld

18.06.2024

Die „Nekoglais“ nennt sich die Gruppe unserer jungen Ukrainer*innen und Russ*innen am BÜZ. Viele ihrer Großeltern und Urgroßeltern mussten vor 80 Jahren in der Untertage-Verlagerung „Dachs 1“ im Jakobsberg in Hausberge Zwangsarbeit leisten unter schrecklichen Bedingungen. Heute erzählte ihnen der Zeitzeuge Robert Kauffeld (geb. 1933) aus Barkhausen, damals selbst Jugendlicher, wie er die Kriegszeit erlebte mit ihren Bedrohungen und Verführungen durch die Nazis, den Geheimnissen um das KZ, und der Angst der Bevölkerung.

Mindener Tageblatt 26.06.2024

©Mindener Tageblatt (Artikel leider online nicht verfügbar)


Besuch des Kreishauses in Minden

08.05.2024

An diesem Mittwoch setzte sich die Erkundungstour der Teilnehmenden des Begegnungscafés der Gruppe NEKOGLAIS fort. Ein interessanter, informativer und aufschlussreicher Besuch stand für die jungen Gäste auf dem Programmzettel. Vom Johanniskirchhof machten sich die Geflüchteten aus der Ukraine und Russland unter der Leitung von Mohamed Oumari auf den Weg. Für das Dolmetschen war wie immer gesorgt. Zunächst ging es in die Kantine des Kreishauses. Ein Mittagessen gehörte zum Tagesablauf. An einem separaten Tisch wurden die Jugendlichen auf die Funktion eines Landrats sowie dessen Aufgaben vorbereitet. Ferner wurde informiert zwischen kreisfreien größeren Städten mit Oberbürgermeistern und Landkreisen, welche Klein- und Mittelstädte umfassen. Diesen Landkreisen steht ein Landrat oder eine Landrätin vor. Minden ist eine Stadt im Landkreis Minden-Lübbecke. Der Mindener Bürgermeister untersteht somit dem Landrat. Darüber hinaus wurden Flaggen, die im Hintergrund zu sehen waren, abgefragt und erläutert: Die Flagge des Landkreises Minden-Lübbecke, des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und der Bundesrepublik Deutschland. Um die Wartezeit zu füllen, wurde ein kleines Länderquiz durchgeführt: Welche Bundesländer gibt es in Deutschland und wie lauten die Landeshauptstädte?

Ein Landrat hat viele Aufgaben zu erledigen - bei einem vollem Terminkalender. Verständlicherweise musste das ausgewählte Publikum in einem Sitzungssaal im Kreishaus etwas warten. Aber ein großer Dank vorweg für Ali Doğan, dass er eine Stunde Zeit eingeplant hatte, um den neugierigen Fragen der Anwesenden Rede und Antwort zu stehen: Wer kann Landrat oder Landrätin werden? Welche Berufsqualifikation ist erforderlich? Welche Aufgaben sind zu erledigen?

Ein großes Kompliment an dieser Stelle galt seinem Umgang mit den Jugendlichen, seiner unkomplizierten Art und seiner menschlichen Nähe – ein wahrer Brückenbauer. So wurde direkt viel Vertrauen aufgebaut. Er wurde sehr persönlich, beschrieb seine Herkunft (gebürtig in Deutschland), den Weg der Eltern als kurdische Gastarbeiter in Enger (Kreis Herford), seinen schulischen Weg, das absolvierte Jurastudium und seine Entscheidung zur Wahl zum Landrat zu kandidieren. Er wurde der erste Landrat mit Migrationshintergrund. Er ist Deutscher ohne „Wenn und Aber“, er verzichtete auf den türkischen Zweitpass. Offen und ehrlich beantwortete er auch Fragen zu seiner Familie. Seine Frau ist Grundschullehrerin in Minden.

Weiterhin erläuterte Ali Doğan die politische Wahl zum Landrat und das Wahlverfahren. Als Landrat unterstehen ihm im Kreis ca. 8000 Mitarbeitende, beginnend mit der Polizei, der Feuerwehr, der Müllentsorgung, den Mühlenkreis-Kliniken oder den öffentlichen Busunternehmen – um hier nur einige zu nennen.

Allerdings konnten sich alle aus der Gruppe NEKOGLAIS auch ausführlich äußern. Das war gut so und passt zum Kommunikationsstil des Landrats. Thematisiert wurde das Heimweh, die russisch-ukrainische Freundschaft unter den Jugendlichen, die in der Gruppe problemlos möglich ist. Natürlich rückte auch das „deutsche Exil“ der Gruppe in den Fokus. Wie steht es mit den Sprachkenntnissen? Was will ich in Deutschland erreichen? Welche schulischen bzw. beruflichen Ziele habe ich? Ali Doğan verwies nochmals auf seine Biografie und betonte mehrfach den Aspekt des Lernens und der Weiterbildung sowie der intensiven Verwendung  der deutschen Sprache.

Der Dialog war äußerst lebendig, die Zeit schritt voran und verging wie im Flug. Ein zweites Gesprächsthema stand auf dem Plan: Die Glaubensausrichtung. Ali Doğan ist wie seine Frau dem Alevitentum zugeneigt. Was ist darunter zu verstehen?

„Aleviten (…) sind Mitglieder einer vorwiegend in der Türkei beheimateten Glaubensrichtung, die sich im 13./14. Jahrhundert unter den zugewanderten oghusisch-turkmenischen Stämmen in Anatolien und Aserbaidschan verbreitete. (…) Ziel eines Aleviten ist die Erleuchtung/Vollkommenheit durch Werte wie NächstenliebeBescheidenheit und GeduldHumanismus und Universalismus prägen den alevitischen Glauben. Die Mehrheit der für Sunniten geltenden Verbote und Gebote aus dem Koran werden von Aleviten nicht anerkannt bzw. befolgt. Die grundlegenden Unterschiede zwischen Aleviten und Sunniten sind seit der osmanischen Zeit der (Haupt-)Grund für die Unterdrückung und Verfolgung der Aleviten.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Aleviten)

Verständlich erklärte der Landrat die synkretistischen und pantheistischen Elemente seiner Glaubensrichtung („Alles ist göttlich“) im Unterschied zu den drei monotheistischen Weltreligionen. Er betonte den Wert der mündlichen Überlieferung, die Bedeutung der Musik und den zentralen Aspekt der Cem-Häuser. Bei den alevitischen Geistlichen herrscht Gleichberechtigung.

Und schon war der vereinbarte Zeitrahmen verstrichen. Andere Aufgaben warteten auf den vielbeschäftigten Landrat.

Zum Ende wurde das Erlebnis des Besuchs mit den Teilnehmenden in einem Gruppenfoto festgehalten. Es war eine interessante Erfahrung. 

Volker Papke-Oldenburg


Більше ніж книги – Mehr als Bücher

Besuch der Stadtbibliothek in Minden

07.03.2024

Am diesem Tag ging es darum, die Stadtbibliothek Minden zu erkunden. Sicherlich ein spannendes Unterfangen. Vom Johanniskirchhof machten die Geflüchteten aus der Ukraine und Russland unter der Leitung von Mohamed Oumari auf zur Stadtbücherei. Kerstin Ucar erwartete vor Ort die Gruppe. Für das Dolmetschen war wie immer gesorgt. Die Führung fand während der normalen Öffnungszeit statt, somit war in den einzelnen Bereichen viel Publikum unterwegs, teilweise auch an einen gewissen Lärmpegel gebunden – besonders im Bereich der Kinderbibliothek. Gezeigt wurde der Bereich der Romane für Erwachsene, das Lerncenter mit Büchern in diversen Sprachen, die Ecke mit vielen Spielen, Fachbereiche wie Biologie, Physik oder Philosophie und Kunst. Aktuelle Ausgaben überregionaler Tageszeitungen oder Wochenzeitschriften wurden auch mit Interesse wahrgenommen. Ein besonderes Interesse galt manch einem Jugendlichen die Literatur in ukrainischer und russischer Sprache sowie die Bezugnahme zum gegenwärtigen Krieg.

Überall gab es Sitzgelegenheiten zum Lesen. Ferner Stehplätze mit Suchcomputern sowie weitere Schwerpunkte mit Arbeitslaptops. Parallel zur Führung der Geflüchteten fand auch im oberen Bereich das Sprachcafé mit vollbesetztem Tisch statt. Leider war ein kurzes Hineinhorchen nicht möglich. 

Letztendlich wurde natürlich von Kerstin Uzar für die Mitgliedschaft geworben. Einige der Geflüchteten meldeten sich sofort an, während weitere durchaus auch großes Interesse zeigten, aber als Minderjährige noch die Unterschrift der Eltern benötigten.

Ein besonderes Highlight konnte noch eingefangen werden. An einem Arbeitstisch saßen diverse Schülerinnen des Herder-Gymnasiums. Sie übten gerade für eine Abi-Vorklausur, die am darauffolgenden Tag absolviert wurde. Fleißige und motivierte Schülerinnen waren zu sehen, die in der Atmosphäre der Bibliothek besonders gut arbeiten konnten. Sie kannten Mohamed Oumari, der früher das Herder-Gymnasium besuchte. Während sie sich auf das Abitur vorbereiteten, war er nun Projektleiter eines Projektes für Geflüchtete.

Zum Ende wurde das Erlebnis der Besichtigung mit den Teilnehmenden in einem Gruppenfoto festgehalten.

Volker Papke-Oldenburg


Besuch einer Moschee in Minden

05.02.2024

Nach dem Besuch der jüdischen Synagoge und des christlichen Mindener Doms ging es an diesem Montag für die geflüchteten ukrainischen Jugendlichen darum, sich mit einer musli-mischen Moschee vertraut zu machen. Im Speziellen hatte Mohamad Oumari, der Projektlei-ter, den Kontakt zur Moschee der Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Minden e.V. in der Kai-serstraße hergestellt. Eine wahrliche Glanzleistung, dass die Gruppe sich vor Ort informieren konnte, denn es lag im näheren Umfeld der Muslime ein Todesfall vor.

Der Iman, welcher mit etwas Verspätung erschienen war, hatte vor seiner Berufung eine fünfzehnjährige „Lehrzeit“ in der Türkei absolvieren müssen. Er kannte den Koran auswen-dig.

Peter Küstermann erläuterte den Geflüchteten zunächst vor Ort die Grundzüge des Islam. Somit begann eine erste Auflockerungsrunde. Die Anwesenden zeigten sich sehr aufgeschlossen und stellte viele sinnvolle Fragen. Anschließend gab es eine kompetente Führung mit ausführlichen Erläuterungen zum Erwerb des Gebäudes im Jahre 1996. Vorher war es ein Möbelhaus, der heutige Gebetsraum war das Lager. Die Ausgestaltung des Gebetsraums er-folgte über Spenden. Der Innenraum der Moschee ist prunkvoll gestaltet – ausgelegt mit ed-len Teppichen und prachtvoll gefliest. Da im Islam ein Bilderverbot gilt, sorgen die Ornamente der Fliesen für Besinnlichkeit. Die islamische Gebetsnische Mihrāb, die die Gebets-richtung (Qibla) anzeigt, wurde ebenfalls gezeigt und erläutert - ebenso der Predigtstuhl (Minbar) und das Lesepult für den Koran (Kursi) Der Gebetsraum bietet Platz für 150 Perso-nen. auf. Die Schuhe mussten in der Moschee ausgezogen werden. Auch wurde auf das .Waschritual der Toten, getrennt nach Geschlechtern, eingegangen.

Das Gespräch wurde fortgesetzt mit der Vorstellung des Islams: Die fünf Säulen des Islams (Ableistung des Glaubensbekenntnisses, Fasten im Monat Ramadan, die Pilgerfahrt nach Mekka, Gebet, Entrichtung von Almosen), die Rolle des Imans, des Muezzins und der Aus-richtung des Gebetsteppichs gen Mekka. Außerdem wurden Gemeinsamkeiten und Unter-schiede zwischen dem Judentum, Christentum und dem Islam deutlich gemacht. Ferner wurden atheistische Zugänge auf den Glauben, welche von einigen Jugendlichen ins Gespräch gebracht wurden, diskutiert und unter reger Mitwirkung der Anwesenden kontrovers erörtert.

Darüber hinaus trug der Iman auf besonderen Wunsch nach eine Sure vor.

Zum Ende wurde das Erlebnis der Besichtigung mit den Teilnehmenden in einem Gruppenfoto festgehalten. Es war eine interessante Erfahrung.

Volker Papke-Oldenburg

Projektverantwortlicher: Mohamed Oumari